Frau Schletterer singt nicht mehr

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Ja
Sehnsucht nach ewiger Jugend
03.01.2019 12:14

Neulich machte ich mal wieder einen dieser obskuren Online-Tests, über den ich erfahren sollte, wie alt mein Gehirn ist.
Natürlich halte ich meinen Geist für überaus wach und am Puls der Zeit orientiert, weswegen ich überzeugt war, da ganz gut abzuschneiden und irgendwo bei Mitte dreißig, höchstens vierzig zu landen.
Ich beantwortete also Fragen zu aktuellen Themen, führte optische Übungen durch, vervollständigte Zahlenreihen in ihrer Logik, rechnete Gleichungen im Kopf aus und gab Auskunft zu denjenigen meiner Charaktereigenschaften, die aufzeigen, wie lernbegierig und anpassungsfähig man (noch) ist.
Am Ende teilte mir der Test mit, ich solle von meinem tatsächlichen Alter 7 Jahre abziehen und hätte damit das Alter meines Gehirns ermittelt.
Na also! Wenn das kein erfreuliches Ergebnis war! Dachte ich.
Bis ich bemerkte, daß ich nirgends mein tatsächliches Alter angegeben hatte, und somit das Testergebnis in diesem Wortlaut völliger Mumpitz war. Denn wenn der Test mein wahres Alter nicht kannte, mir aber zu verstehen gab, mein Gehirn sei auf jeden Fall 7 Jahre jünger als der Rest von mir, dann hätte es ja durchaus passieren können, daß mein Gehirn z. B. auf dem Niveau eines Sextaners eingestuft worden wäre, obwohl ich Aufgaben gelöst hatte, die frühestens in der gymnasialen Mittelstufe behandelt werden.
Wer die möglichen Testergebnisse vorformuliert hat, hat entweder Marketingpsychologie studiert und weiß, wie der gemeine Mensch in seiner Eitelkeit so tickt. Oder aber er macht sich lustig über die Deppen, die einen solchen Test tatsächlich absolvieren.
Letzteres wäre völlig angebracht, denn ich fühlte mich gedemütigt, als mir aufging, daß ich mich in den ersten paar Sekunden tatsächlich von meinem Testergebnis geschmeichelt gefühlt hatte. Hätte ich mich sofort verarscht gefühlt, dann, aber nur dann träfe das Ergebnis tatsächlich zu!
 

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