Frau Schletterer singt nicht mehr

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Sprachliche Qualität
14.03.2023 13:40

Die Firma, für die ich arbeite, ist ISO 9001-zertifiziert. Dies bescheinigt ihr, ein wirksames Qualitätsmanagementsystem etabliert zu haben, das auch gut gelebt wird.
Wir haben daher auch zwei Herren, die sich hauptverantwortlich um das Thema Qualität in unserem Hause kümmern.
Zu einem gelebten Qualitätsgedanken gehört, so denken zumindest die meisten, auch ein wertschätzendes, achtendes Miteinander, das auch die zeitgemäßen Umgangs- und Höflichkeitsformen mit umfaßt.
Und dafür haben wir tatsächlich genau den Richtigen bei uns eingesetzt! Unser TQM-Chef gendert, wo er geht und steht, er fährt ein Auto mit Elektroantrieb, ernährt sich vegan und ist ausgesprochen engagiert dahinter her, daß bei uns die Mülltrennung korrekt gelebt wird. So wie ich ihn einschätze, würde er wahrscheinlich gern den ganzen Tag neben dem Mülleimer stehen und jedem auf die Finger klopfen, der einen nicht ausgewaschenen Joghurtbecher in den Restmüll wirft.
Wenn er das Wort an sein Qualitätsteam richtet, spricht er von „Auditor innen“, wenn er Auditoren und Auditorinnen meint, er hat es nie mit Mitarbeitern zu tun, sondern mit Mitarbeitenden und hat auch allgemein sein gesamtes Sprechverhalten völlig verändert. Er ist, so möchte ich sagen, die fleischgewordene political correctness.
Das ist so stark ausgeprägt, daß es mich anstrengt, ihm zuzuhören, weil sein Sprechen für mich so klingt, als denke er über jedes einzelne Wort separat nach, das er auszusprechen vorhat. Ja, fast möchte ich sagen, das ist nicht das Deutsch, das ich mal gelernt habe.
Ich bewundere seine Beherrschtheit durchaus irgendwie, nur frage ich mich manchmal, wie der Mann denn streitet, wenn ihn die Wut überkommt. Der kann ja nie mal einfach nur rauslassen, was ihn gerade aufwühlt, nie mal „von de Lung uff die Zung“ einfach alles rausbrüllen. Denn wenn er auch in solchen Situationen auf korrektes Gendern achtet, und political correctness sein Streiten lenkt, dann muß der doch auf die Dauer Magengeschwüre kriegen.
Naja, nur gut, daß „Arschloch“ nicht gegendert werden muß, denn das steht ja eh schon im Neutrum.

 

Ich fass´es nicht!
Erste Sätze

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